Ho Chi Minh City
So sicher wie das Amen in der Kirche kommt Songkran, das Neujahrsfest in Thailand, Kambodscha, Laos und Burma, an dem 3 Tage lang alles mit Wasser überschüttet wird, was auf zwei Beinen ist.
Das heißt für mich dann immer Reißaus nehmen, in den letzten Jahre nach Phnom Penh fliegen und eine Woche warten, bis der Wahnsinn vorbei ist. Aber so furchtbar viel Reiz hat Phnom Penh inzwischen auch nicht mehr, deshalb hatte ich mich entschlossen, dieses Jahr stattdessen nach Vietnam zu fliegen, genauer nach Saigon, wo ich vor etwa 10 Jahren das erste Mal war, damals mit einem Freund, der inzwischen leider verstorben ist. Und ich mag eigentlich, was ich damals gesehen und erlebt habe.
Der Trip ist teurer, das Ticket ca. 130 Euro und das Visum nochmal 45 Euro, und auch das tägliche Leben ist teurer, wenn man es etwa mit Kambodscha vergleicht. Ich hatte mir schon einen günstigen Flug besorgt, der allerdings zur Rushhour ankam. Und die Taxis am Flugplatz sind weithin bekannt als besonders freche Abzocker. Aber am Flughafen, nach dem Zoll, habe ich einfach zwei Touristinnen angesprochen, ob sie auch in die gleiche Gegend wollten wie ich, weil zu mehreren ein überhöhter Preis wieder akzeptabel wird. Die Taxler haben auch prompt Wahnsinnspreise aufgerufen, aber vor dem Terminal stand noch ein 152er Bus, der eigentlich schon seine letzte Tour gemacht haben sollte. Also habe ich den Fahrer gefragt, ob er nach “Pham Ngu Lao” fahren würde, der Traveller-Gegend, wo ich hinwollte. Ich bekam einen Schwall vietnamesisch zurück, aber letzten Endes fuhr er dort vorbei, für 3% des Preises eines Taxis. Ich also die beiden, Schwedinnen, wie sie mir im Bus erzählten, in den Bus gepackt, ohne Air-Condition, aber es ging, weil es vor der Landung geregnet hatte. Nur mußte sich der Bus durch den Verkehr kämpfen, etwa eine Stunde lang, bis uns der Fahrer aussteigen hieß. Die Schwedinnen wollten in eine Art Jugendherberge, ich hatte ein paar Hoteladressen zum Abklappern. Also ich schließlich ein Zimmer gefunden hatte, war ich klatschnaß geschwitzt und die Air-con ging nicht richtig.
Eine halbe Stunde später war ich frisch geduscht und gewandet, unterwegs, um etwas zum Essen zu finden.
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Es hat sich viel verändert seit meinem letzten Besuch, aber nach so langer Zeit ist das nur logisch. Die Traveller-Szene ist viel intensiver geworden, gleichzeitig auch anonymer. Vor 10 Jahren kannte man nach 2 Tagen praktisch jedes Gesicht, nun ist die Gegend geradezu überschwemmt mit Ausländern. Wo es früher 2, 3 Kneipen gab, in denen sich abends alles traf, gibt es jetzt jede Menge auf Touristen getrimmte und mit internationaler Musik beschallte Touristen-Abfüllstationen mit einer Auswahl internationaler Biere. Und genauso muß man in den Restaurants zwischen den internationalen die vietnamesischen Gerichte finden. Die reinen oder typischen Lokale für die Vietnamesen sind entweder teurere Lokale oder “Hole in the wall” Plätze, ein paar Tischchen am Straßenrand, dazu 30 cm hohe Hocker und eine mobile Küche mit entweder Nudelsuppe im Angebot oder Reis “mit ‘was drauf”. Insgesamt ist das Essen in dieser Gegend 2 bis 3 Mal teurer als ich es von Thailand kenne. Und oft lieblos zusammengeschustert, z. B. einfach Reis, daneben ein Hühnerschlegel und ein Spiegelei auf dem Reis. Kein Gemüse, keine Soße. Aber ein Ausländer, wohl ein Englischlehrer, kann diese Lieblosigkeit noch toppen: Obwohl er ein Messer hat, vergewaltigt er ein Hühnerbein mit der Gabel, sticht hinein, dreht und würgt mit der Gabel herum, um dann ein paar Fleischfasern zwischen den Zinken zu haben, die er dann in den Mund stopft. Übrig bleibt hinterher ein halb abgegessener Knochen, an dem noch reichlich Fleisch hängt, das er aber mit der Gabel nicht zu fassen kriegt. Dabei ist er wie ein Geschäftsmann angezogen (das machen die Englischlehrer in Asien alle so), aber das macht es eher noch schlimmer. Da muß doch eine Moral dahinterstecken!
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Zwischen den Straßen gibt es noch ein Gewirr an kleinen Gassen, oft nur 2 Meter breit, manche noch schmaler, die wie ein Labyrinth die Häuserblocks durchziehen. Die Leute fahren mit ihren Mopeds durch, aber es ist trotzdem eng. In diesem Gewirr sind über 100 Hotels und Guesthouses, oft nur mit 4 bis 6 Zimmern zu vermieten, aber auch ganz gewöhnliche Behausungen, Wäschereien oder Krämerläden. Und wohl keines dieser Häuser wurde von einem Architekten entworfen, so kreuz und quer und schief sind die Häuser aneinander geklatscht. So stelle ich mir ein Ghetto vor. Außen an der regulären Straßen sind es ordentlich gebaute Häuser, aneinandergereiht, aber jedes schaut anders aus. Sofern es bei normalen Straßen Gehwege gibt, sind diese zwar schön breit, aber mit Mopeds zugeparkt. Ich frage mich, wie die Kunden die Geschäfte und Restaurants etc. dahinter noch erreichen können. Es gibt eh’ nur 4 Arten von Geschäften hier: Reisebüros, Restaurants, Souveniershops und Hotels.
Und alles was fährt, benutzt reichlich die Hupe, prophylaktisch, fast so, als wäre das Hupen der Sinn des Fahrens. Das Verhältnis Mopeds zu Autos ist etwa 4 : 1, und die Hälfte der Autos sind Taxis. Dazu kommen noch jede Menge Busse und Klein-LKWs. Immerhin,- im Gegensatz zu Phnom Penh halten sich hier die Leute an die Ampelphasen, und es gibt sehr viele Verkehrs-Kreisel. Aber trotzdem herrscht ein heiliges Durcheinander. Pro Tag soll es 2 Dutzend Verkehrstote geben, aber ich habe in der ganzen Zeit keinen einzigen Unfall gesehen. Was mir aber immer wieder auffällt ist, daß fast alle Motorrad- und Fahrrad-Fahrer, aber auch Fußgänger, eine Gesichtsmaske tragen gegen den Dreck in der Luft, sodaß nur die Augen sichtbar sind. Aber die Luft ist hier weniger verschmutzt als etwa in Bangkok. Und die Masken geben den Leuten so ein unwirkliches und verschlossenes Aussehen.
Und wie sind die Menschen so drauf? Das interessiert mich eigentlich immer am meisten. Aber es ist schwer zu sagen, denn ich kann kein vietnamesisch und nur im Touristen-Karree können einige Englisch, oft auch nur ein paar Wörter, z. B. im Restaurant nur das, was auf der Speisekarte steht. Und alle sind fixiert aufs Verkaufen. Ein normales Gespräch kommt kaum auf. Was bleibt ist Beobachten. Wie in Thailand sind es hier auch die Frauen, die mehr bewegen, die verkaufen, Bestellungen aufnehmen und das Essen bringen, während die Männer die Motorräder in Reih’ und Glied schieben und ansonsten herumsitzen, Kaffee trinken und ratschen. Oder sie sind Taxifahrer, ob mit Motorrad oder gemietetem Taxi. So kann man Auto fahren, ohne sich selbst ein Auto kaufen zu müssen,- ein Gefühl der Größe, das sonst jenseits der eigenen finanziellen Möglichkeiten wäre. Was in Vietnam weniger gefragt zu sein scheint ist das jederzeit adrette Aussehen. Da ist man näher an den Chinesen dran, die ihr Prestige aus der Höhe ihres Bankkontos erzielen und nicht aus der vornehmen oder modischen Kleidung wie in Thailand. Halblange Hosen und T-Shirts tun’s doch auch, und bei den Frauen Stretchhosen und eine leichte Bluse, das ist hier nicht ungewöhnlich. Ein paar ältere Herren haben das Hemd gleich zu Hause gelassen. In Thailand läuft niemand ohne Hemd auf offener Straße herum, es sei denn, er kann sich keines leisten. Und alles läuft in Flip-Flops oder offenen Sandalen herum.
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Am zweiten Tag gehe ich zum “Ben Than” Markt, dem non-Food-Markt im Zentrum Saigons. Ich will Regenponchos kaufen, die es in Thailand nicht gibt, die aber zum Motorrad fahren im Regen geeigneter sind als die üblichen Regen-Capes. Vom Stadtplan, den ich natürlich im Hotel vergessen habe, erinnere ich mich an den Weg, aber ich verlaufe mich trotzdem etwas. Nicht so schlimm, ich frage ein paar Leute “Ben Than? Ben Than?” und die schicken mich die richtige Straße lang. Am Markt fallen mir ein paar Unterschiede zum “Psar Tmei” in Phnom Penh auf, dem Pendant zum Ben Than Markt. Ben Than ist ein 1-stöckiger, rechteckiger Bau und die Bereiche sind klar aufgeteilt,- aber nur in vietnamesisch beschriftet. Psar Tmei in Phnom Penh ist wie eine Halbkugel, mit erweiterten Ausgängen in alle 4 Himmelsrichtungen und ein Haufen Verkaufsstände sind außen “angeklatscht”. In Saigon gibt es so etwas nicht. Sobald ich den Markt betrete, will mir jeder Klamotten verkaufen, und das unerwartet aufdringlich: Ich werde links und rechts am Hemd gezupft oder am Arm berührt, für Asien sehr ungewöhnlich. Nach einer halben Stunde herumwandern und schauen und fragen finde ich endlich, was ich suche. Aber was mal 1 Dollar gekostet hat, soll jetzt 4 Dollar kosten, die bessere Version gleich 7 Dollar. Wir einigen uns auf 7 Dollar für 2 Ponchos und 2 Capes je 0.50 Dollar. Mit der Beute mach ich mich – rupf, rupf, zerr, zerr – auf den Weg zurück. Eine ältere Frau will mir unbedingt noch eine Jacke verkaufen, die meiner ähnlich sieht, aber mein Teil hat einfach mehr Stauraum... und überhaupt!
Auf der Straße komme ich an einem Revolutions-Paraphernalia-Laden vorbei, den es schon vor 10 Jahren gab,- das Geschäft lohnt sich also noch immer. Das Angebot ist vergleichbar mit dem, was nach der Wende entlang der Mauer zu haben war, nur sind es hier statt dessen Vietcong Artikel, Sticker, Anhänger etc.
Eine gute halbe Stunde später bin ich wieder im Hotel, reichlich durchgeschwitzt und heilfroh über die kühle Dusche und die frischen Klamotten.
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Am nächsten Tag, es wird schon langsam dunkel, gehe ich schauen, was da in dem Park auf der anderen Seite der Pham Ngu Lao Straße los ist. Da sind Buden aufgebaut und Krach ist zu hören, der wohl Musik sein soll. Ich brauche eine Weile, bis ich irgendwo lesen kann, daß das hier das Frühlings-Obst-Fest ist. Das muß aber auch gesagt werden, denn sehen kann man davon nichts. Am Eingang ist eine Schüler-Blaskapelle, im Halbkreis aufgestellt und im Synchron-Wiegeschritt Musik machend.
Es klingt ganz witzig, nur die Tuba spielt immer ein anderes Stück. Ich wundere mich, daß das die anderen nicht aus dem Takt bringt. Weiter drinnen auf dem Festgelände wechseln sich Fressbuden mit Buden regionaler Reisebüros ab, wobei die letzteren die Überhand haben. Selbst die Thai Tourismusbehörde ist vertreten. Und mittendrin ist ein kleiner Biergarten aufgebaut, der Köstritzer Bier ausschenkt. Nun denn, dann ist halt Bier genauso eine Frucht wie gebratener Tintenfisch, den es hier auch zu Hauf gibt. Aber die Leute scheint das nicht zu stören, die flanieren über die Anlage, entweder mit sich selbst beschäftigt oder fleißig Werbematerial einsammelnd.
Tags drauf checke ich aus dem Hotel aus, weil ich nach Vung Tau will, dem Küstenort, der am nächsten von Saigon ist. Angeblich das Pattaya Vietnams. Mit jeder Menge Hotels. Und hoffentlich ein paar mehr Leuten, die Englisch können. Der Bus geht jede Stunde und hat bequeme Sitze, zwei links, einer rechts. Die Abfahrt ist 200 m von meinem Hotel weg, sodaß ich nicht mit der Tasche bis zum Busbahnhof marschieren muß. Die Fahrzeit soll 3 Stunden betragen, incl. Pinkelpause.
Zunächst geht es los durch die Innenstadt von Saigon und es dauert sicherlich 45 Minuten, bis wir eine Art Schnellstraße erreichen. Auf den größeren Straßen Saigons gibt es eine Extraspur für Zweiräder, mit Befestigungen vom Rest der Straße abgetrennt. Trotz Schnellstraße geht der Verkehr immer noch stockend vorwärts, weil entweder ein LKW liegengeblieben ist oder mal wieder – auf der Schnellstraße – eine Ampel ist. Die meisten Fahrzeuge unterwegs sind LKWs, gefolgt von Bussen. Eine Menge der Zugmaschinen haben ein martialisches Aussehen, wie man sie aus alten US-Roadmovies kennt, der Motor vorne, aber das Fahrerhaus geht hinter dem Fahrer noch mindestens 2 Meter weiter, wie ein riesiger Klotz schaut das aus. Ob da die Familie des Fahrers wohnt?
Aus Saigon heraus sieht es fast so aus wie in Thailand, Läden und Gewerbe entlang der Straße, etwas später sieht man Felder, unterbrochen von Dörfern. Nur die Schilder sind halt auf vietnamesisch statt auf Thai.
Auf halber Strecke machen wir die Pinkel-Pause im “Mekong-Restroom”, eine großzügige Anlage mit Garten, Springbrunnen und drei großen Toilettenhäusern, aber vor allem mit einem Restaurant und mehreren Verkaufsständen. Die Anlage ist blitzblank sauber! Eine gute Stunde später erreichen wir Vung Tau, der Verkehr nimmt nämlich wieder zu. Und dann biegt der Bus auf ein offenes Gelände ein und bleibt zwischen anderen Bussen vor dem Büro der Bus-Gesellschaft stehen. Au weia, Rip-off Alert, denke ich, das kenne ich aus Thailand, wo man irgendwo in der Pampas ausgesetzt wird als leichte Beute für überteuerte Taxis. Statt dessen aber: Alles raus, Gepäck abgeladen und dann werden wir in verschiedene Taxis verfrachtet, die uns zu den jeweiligen Zielen bringen, zu denen wir wollen. Und es kostet nichts extra!
Schwierig wird es dann erst mit den Hotels. Ich hatte eine Traveller-Szene erwartet wie in Saigon, aber hier gibt es nur neuere Hotels, alle doppelt so teuer wie erwartet und kein Mensch spricht Englisch. Immerhin kann ich dann mit Zeichensprache, oder genauer mit Fingersprache, den Preis etwas runterhandeln.
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Hier kann wirklich niemand Englisch! Um z. B. einen Eiskaffee zu bestellen muß ich “Ca Phe” (Ph wird hier wie “F” ausgesprochen) sagen, dann auf die Eisbox deuten und dann auf die dickflüssige, süße Milch. “Com” und “Pho” sind Reis und Nudelsuppe, das ist ja noch einfach. Meistens sage ich einfach nur “Com” und lasse mich überraschen, z. B. zum Frühstück gibt es “Com” mit einer Scheibe Fleisch drauf und der Teller ist mit Tomaten- und Gurkenscheiben garniert. Das Stadtviertel, direkt am Strand, scheint nur aus ähnlich gebauten Hotels zu bestehen, eine Scheibe an der anderen, mit ein paar Krämerläden dazwischen und ein paar einfachen Restaurants dazu. Drei Straßen tief, vier Straßen breit, das ist alles hier. In die eigentliche Stadt geht es nur mit dem Taxi, die hier noch teurer sein sollen als in Saigon.
Am Spätnachmittag laufe ich mal die Strandstraße ab, um mich umzusehen. In einem billigen Laden, Ziegelbau mit Wellblech, sehe ich einen alten, weißhaarigen Westler sitzen. Wie sich dann herausstellt, heißt er Jack, ist aus Neuseeland und war früher in der Handelsmarine. Seit ein paar Jahren lebt er hier in der Nähe und kommt abends her, weil er die Chefin des Ladens mag und der Chef, der aber nur selten da ist, kann auch Englisch. Glück für mich, daß ich Jack getroffen habe. Die Chefin macht ihm was zum Abendessen und ich esse der Einfachheit halber das Gleiche, immer vegetarisch, aber mit viel gebratenem Tofu. Wenigstens jemand, mit dem man reden kann! Den Rest der drei Tage verbringe ich mit Schreiben und dem Lesen eines guten Buches über die Erlebnisse einer Vietnamesin, die auf dem Lande aufgewachsen ist und sowohl die Franzosen, die Amis als auch die Vietcong in den Kriegen mitbekommen hat. Ein prima Bericht aus der Sicht des kleinen Mannes (?), wie die Leute die Zeit erlebt und erlitten haben. Und abends sitze ich halt mit Jack in der Bude am Strand und wir ratschen über Vietnam und was wir so erlebt haben. In den drei Tagen habe ich vielleicht ein halbes Dutzend Nicht-Vietnamesen gesehen.
Die Abreise gestaltet sich dann einfacher als befürchtet, weil die Busfirma ein Taxi herumschickt, um die Passagiere einzusammeln, wieder “free of charge”. Die Rückfahrt selbst ist langweilig und gegen 15 Uhr bin ich wieder da in Saigon, wo ich vor drei Tagen losgezogen bin.
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Jack hatte mir zwei dieser Minihotels empfohlen, aber beide sind mir zu teuer, also gehe ich wieder zurück zu einem Hotel, das mir ein Bekannter in Bangkok empfohlen hatte, wo aber die ersten Tage nichts frei war. Dieses Mal habe ich mehr Glück, allerdings wird das Zimmer erst in 2 Stunden frei und das heißt, solange warten, bis ich endlich duschen kann. Es stellt sich heraus, daß es das Warten wert war, denn das Zimmer ist neu und modern eingerichtet, nur die Air-Condition hat Asthma und bekommt das Zimmer nicht kühl. Dafür sind die Wirtsleute super freundlich und hilfreich. Ich bin wieder in einer Gegend, wo ich mir aussuchen kann, wo und was ich essen will statt essen zu müssen, was auf den Tisch kommt.
Später sitze ich eine Straße weiter in der “Alley Cat”, einem kleinen Restaurant, nicht ganz billig, aber nette Leute, wo ich “vor Vung Tau” schon mal war. Aus eine Runde von 3 Leuten entwickelt sich langsam eine Runde von 9 Leuten, die Hälfte davon Vietnamesen, die anderen kommen aus Kroatien, Algerien, USA, Kanada und ich aus Bayern. Bis auf mich sind alles “Longtimer”, also Leute, die in Saigon wohnen. So gefällt es mir, gute Leute und gute Unterhaltung! Als ich die Rest-Runde verlasse, ist es schon weit nach Mitternacht.
Am nächsten Tag will ich nochmal zum Ben Than Markt, aber meine Wirtin überzeugt mich, statt dessen mit ihr zum Chinesenmarkt im Stadtteil Cholon zu fahren. Dort sei alles billiger. Und das Ganze auf ihrem Motorroller, aber erst nach 2 Uhr, weil sie noch Zimmer herrichten muß. Der Roller ist ein größeres Teil, wie es die auch in Thailand gibt. Keine Ahnung, was die hier kosten, aber in Thailand kosten die an die 2,000 Euro. Der Rücksitz ist so hoch, daß sogar ich Probleme habe, auf- und abzusteigen. Die Fahrt selbst dauert etwa 20 Minuten und ist wie erwartet abenteuerlich. Was ich links und rechts der holprigen Straße sehe ist vergleichbar mit Bangkok oder Schanghai oder… Am Markt selbst häufen sich Kartons und Ballen am Eingang, die vom Markt mit Motorrädern verschickt werden, mit Filzstift noch schnell beschriftet, bevor es auf die Reise in andere Stadtteile geht. Innen im Markt sind die Stände so eng gebaut, daß man fast nicht durchkommt. Und wir haben ein Problem, weil ich nämlich keine Großpackung brauche, sondern jeweils nur 2, 3 Stück. Die Wirtin kauft ihre 100er Packung Einweg-Zahnbürsten (mit Minitube Zahnpasta dabei) und etwas später finden wir dann auch noch ein paar Stände, die in kleineren Mengen verkaufen.
Zurück geht es dann auf einer Schnellstraße mit abgeteilter Spur für Zweiräder, links die Straße und rechts ein Kanal, angenehm, schnell und schön für’s Auge. Trotzdem bin ich anschließend schon wieder reif für eine Dusche!
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Abends hole ich mir einen Döner um die Ecke, ganz recht, in Vietnam einen Döner. Die gibt es in Thailand vereinzelt auch in Touristen-Hochburgen, aber meistens nur schwabbelig aus Hühnerfleisch. Hier schmeckt er mir aber ganz anständig, vielleicht ist ja Hundefleisch mit drinnen? Die Vietnamesen sollen ja – wie auch teilweise die Chinesen – Hunde essen. Aber keine Panik, das ist eine Delikatesse hier, die wird kaum im Döner landen. Aber hier schmeckt er, ist eine kleine Portion für relativ wenig Geld, vom wahrscheinlich einzigen Döner-Stand in ganz Vietnam. Später lande ich wieder in der “Alley Cat”, in der Hoffnung auf eine Fortsetzung. Die gibt es, aber nur im Kleinformat, mit “nur” 5 Leuten. Einer davon spricht so leise, den hört man nicht, den kann man glatt vergessen. Aber trotzdem,- man muß in der Fremde manchmal die Ansprüche etwas zurückschrauben, dann wird’s auch noch ganz nett.
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Und dann ist Abreise-Tag. Und wie immer wäre es dann gerade schön, wenn man noch ein paar Tage dranhängen könnte, weil’s gerade anfängt, Spaß zu machen. Geht aber nicht, das Ticket läßt sich nicht ändern und irgendwann muß man halt auch wieder nach Hause. Der Abflug ist sowieso erst abends. Drum mache ich mich nach dem Frühstück dran, mal ein paar Fotos zu schießen, wozu habe ich sonst die Kamera in der Jackentasche? Aber die guten Momente hat man wie üblich verpaßt, und auf Hau-Ruck lassen sich keine guten Bilder machen. Ich versuch’s trotzdem. Zum Beispiel die Chefin der Alley-Cat und die Familie vom Laden gegenüber. Und die halbe Portion, die so gute Frucht-Shakes macht, 22 und mit Kind, deshalb hat sie nur bis zum frühen Nachmittag Zeit, danach kommt das Kind aus der Krippe und dann macht ihre Mutter weiter, bis spät in die Nacht. Und natürlich die Chefin meiner warmen Luxus-Herberge für 12 Dollar pro Nacht, ihr Mann will nicht aufs Foto, drum muß die Mutter herhalten. Naja, ein paar Fotos kriege ich schon noch zusammen.
Das Zimmer habe ich bis abends gemietet, damit ich vor dem Abmarsch nochmal Duschen kann. Das Packen ist bei mir immer so ein Drama, dieses Mal vor allem, weil ich mehr dabei habe als beim Herflug. Und die AirAsia hat eine Gewichtsbegrenzung auf 7 Kilo für Handgepäck. Einen Teil kann ich ja in meiner Joppe mit den 13 Taschen tragen, aber das ist dann auch schwer zu “er”-tragen. Die Abfertigungs-Dame am Flughafenschalter stellt mein Handgepäck auch prompt auf die Waage, 7,8 Kilo, aber sie sagt nichts, nur dass ich die Sonnenbrille mal abnehmen soll… Aber mit Handgepäck erspare ich mir das langatmige Einchecken und muß nur an einem Schalter kurz meinen Computer-Ausdruck des Boarding-Passes vorzeigen, normalerweise. Und keinen Koffer schleppen und am Band drauf warten.
Meine Hotelchefin wollte mich mit dem Motorrad zum Flughafen fahren, aber das ist mir dann doch zu viel Risiko. Also lieber 8 Dollar für ein Taxi investieren und gemütlich und in Air-Con zum Flughafen. Am Flughafen selbst ist reichlich Betrieb, aber ich bin mit viel Zeit hergekommen, 2 Stunden von Abflug. Die Paßkontrolle dauert in meiner Reihe ungewöhnlich lang, aber das bin ich schon gewöhnt,- irgendwie schaffe ich es immer, mich in der langsamsten Reihe anzustellen.
Eine Frau drängt sich vor, weil ihr Flug schon aufgerufen wird, da habe ich kein Problem mit, aber dann kommt noch eine andere, ältere Vietnamesin, Möchtegern Grande Dame, die auch noch vor will und dann noch ihren Mann oder so herruft, und der Beamte ist total überfordert. Ihre Abfertigung dauert so lange, dass der Jungsche mich in der Zwischenzeit dran nimmt und ich vor dem alten Pärchen fertig bin. Und der Rest ist dann Warten am Gate. Obwohl,- die Maschine kommt sogar pünktlich aus Bangkok an, das ist bei AirAsia nicht selbstverständlich. Kurz darauf ist Boarding, eine gute Stunde Flug und ich bin wieder in Bangkok,- und zurück im Alltag.
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